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Veröffentlicht am 17. Jan.. 2024

Stillgelegte Industrieanlage zugänglich machen

Inhaltsangabe

Öffnet man eine stillgelegte Industrieanlage für Besucher, betritt der Verantwortliche eine juristische „Terra incognita“, da die geltenden Regelwerke nicht auf diesen Sonderfall eingerichtet sind. Es ist sehr aufwändig, einen Überblick über die Relevanz und Anwendbarkeit einer unüberschaubaren Vielzahl von Regelwerken (sprich Gesetzen, Verordnungen, Normen, Richtlinien und Empfehlungen) zu gewinnen.

Dieser Artikel benennt die Pflichten der Verantwortlichen, gibt erfahrungsbasierte Empfehlungen und benennt die gesetzlichen und technischen Regelwerke, die im Umgang mit einer stillgelegten Industrieanlage zu beachten sind. Dabei gehen wir stets davon aus, dass die Anlage bereits Denkmalstatus hat oder dieser in der Diskussion steht.

Stillgelegte Fabrik im Bergbaurevier Monteponi auf Sardinien. Bildrechte: Norbert Tempel

Stillgelegte Fabrik im Bergbaurevier Monteponi auf Sardinien. Bildrechte: Norbert Tempel

Sicherungsphase für die Zeit ohne formulierte Ziele

Sind konkrete Erhaltungsziele für eine Industrieanlage bereits bekannt ( siehe Zielbestimmungen), kann daraus eine planmäßige Vorgehensweise abgeleitet werden: von der Bestandsdokumentation und Zustandsanalyse über die Bewertung und Planung anhand der Zielvorstellungen bis zur konkreten Umsetzung. Vorgehensweisen bei dieser Ausgangslage sind in der Literatur meist unter dem Überbegriff „Bauen im Bestand“[1] vielfältig dargestellt und können dort recherchiert werden.

Gibt es hingegen bei einem andauernden Stillstand einer großen Industrieanlage noch keine konkrete Perspektive für die Zukunft und keine aktuelle Nachnutzung, dann besteht die Herausforderung in der Sicherung des Status Quo eines umfangreichen Bau- und Anlagenbestandes während einer langjährigen Besinnungs-, Konzeptions- und Kapitalbeschaffungsphase. Mit einer solchen „Sicherungsphase“ soll die grundsätzliche Erhaltung einer Anlage ermöglicht werden, wenn typischerweise große Teile eines Industrieareals noch lange Zeit ohne konkrete Perspektive sind, selbst wenn Einzelobjekte bereits instandgesetzt und genutzt werden.

Die Verantwortung für eine stillgelegte Industrieanlage wirft eine Vielzahl unterschiedlicher Fragen auf, die sich im Kern auf zwei zentrale Aspekte konzentrieren lassen:

  • Was muss auf jeden Fall getan werden? (Pflichtprogramm aufgrund bestehender rechtlicher Verpflichtungen)
  • Welche Schritte sind darüber hinaus sinnvoll? (Empfehlungen)

Sicherung möglicher Gefahren

Im Vordergrund aller Überlegungen bei der oben genannten Ausgangsituation steht die Vermeidung von Gefahren bei gleichzeitig möglichst weitgehender Bewahrung des denkmalbildenden Charakters der Anlage. Die juristische Grundlage für die Vermeidung von Gefahren ist die sog. Verkehrssicherungspflicht.

Die Abwehr von Gefahren bezieht sich dabei auf

  • Personen (Beschäftigte des Betreibers und Externe, z. B. Mitarbeiter beauftragter Firmen, Besucher, Passanten) sowie auf
  • die Umwelt.

Allen Maßnahmen muss eine Gefährdungsbeurteilung vorausgehen.

Typische Gefahrenpotentiale bei Übernahme einer Industrieanlage vom letzten Nutzer sind:

  • Die mangelhafte Verkehrssicherheit von Bauwerken oder gar die fehlende Standsicherheit einzelner Anlagenteile: In der letzten Betriebsphase wird häufig die Instandhaltung vernachlässigt, „auf Verschleiß gefahren“ oder sogar wichtige Bauteile zur anderweitigen Verwertung entnommen.
  • Verbliebene Gefahrstoffe: Die am Ende ihres Betriebsprozesses meist nicht mehr rentablen Anlagen werden in der Regel mit wirtschaftlich minimalem Aufwand stillgelegt. Deshalb ist immer mit Gefahrstoffen zu rechnen, die aus den verwendeten Baustoffen oder aus der Produktionsvergangenheit stammen; Stoffen, die zum Ende der letzten Produktionszeit nicht mehr beseitigt oder im System zurückgelassen wurden.
    Zu Gefahrstoffen siehe den Beitrag Zum Umgang mit Gefahrstoffen im Industriedenkmal.

Wenn eine stillgelegte Industrieanlage längere Zeit in einem „Zwischenzustand“ ohne regelmäßige Wartung verbleibt, vergrößern sich die bereits bei Stilllegung vorhanden Gefahren: Schadstoffe treten aus leck gewordenen Behältern aus, die Korrosion von tragenden Bauwerkteilen schreitet voran. Diese Faktoren zeigen, dass das zeitweilig propagierte ungehinderte Zulassen von Alterung als „authentisches Zeichen einer Industriebrache“ keine realistische Perspektive ist, da es schon mittelfristig häufig zu irreversiblen Schäden und unbeherrschbaren Sicherheitsrisiken kommen wird. Dies führt zu einer dramatischen Zugangsbeschränkung zum Objekt, dem Verlust signifikanter Denkmaleigenschaften und darin begründet zum Verlust des Denkmalcharakters.

 

 

 

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