Übersicht: Handbuch

Drucken
Veröffentlicht am 19. Jan.. 2024

Die Beteiligten („Stakeholder“)

Inhaltsangabe

Einleitung

Für ein Erhaltungsprojekt ist es wichtig, sämtliche Projektbeteiligte frühzeitig zu identifizieren. Sie alle bringen unterschiedliches Wissen, aber auch unterschiedliche Interessen in das Projekt ein. Diese „Stakeholder“[1], wie sie auch genannt werden, gilt es zum jeweils geeigneten Zeitpunkt in den Planungsprozess einzubeziehen.

Bei der Erhaltung und Umnutzung großer Industrieanlagen, bzw. -denkmale handelt es sich zumeist um die folgenden Akteure:

  1. Alteigentümer
  2. Der oder die künftigen Eigentümer und/oder Nutzer
  3. Bauaufsichtsbehörde
  4. Denkmalbehörde(n);
  5. Planer und Gestalter;
  6. Fachplaner und Gutachter
  7. Beauftragte Firmen
  8. Kommunale Politik und Verwaltung;
  9. Fördermittelgeber und Sponsoren;
  10. Medien;
  11. Öffentlichkeit
  12. Grundstückseigentümer und –Nutzer im Umfeld;

Sie alle haben sowohl spezifische Aufgaben als auch eigene Interessen im Prozess des Erhalts von Industriedenkmalen. Einige sollen nachfolgend kurz umrissen werden.

Alteigentümer

Alteigentümer sind in der Regel der ehemalige Betreiber der Industrieanlage. Es kann aber auch ein „Grundstücksfonds“ oder ähnliches sein.

Zwischen Alteigentümer und dem Nachfolger sind verschiedene Themen zu klären. So braucht es etwa die gemeinsame Ausgestaltung eines Vertrags zum Kauf, bzw. zur Nutzung der Anlage. Außerdem müssen Zugangsmöglichkeiten geregelt werden, insbesondere solange eine Anlage unter Bergrecht steht.

Alteigentümer haben in der Regel ein Interesse daran, die Anlage mit finanziell geringem Aufwand zum Verkauf, bzw. zur Übergabe herzurichten. Um etwaige Schäden am Denkmal zu vermeiden, die z. B. durch Demontagen zu Dekontaminationszwecken entstehen können, sollten möglichst früh Experten eingebunden werden. Diese sind zwar in keiner rechtlich relevanten Position, können jedoch denkmalpflegerisch beraten. So kann z. B. vermieden werden, dass die Anlage nur temporär gesichert oder stabilisiert wird, sondern von vornherein nachhaltig auf die weitere Nachnutzung vorbereitet wird.

Künftige Eigentümer und/oder Nutzer

Der oder die künftigen Eigentümer und/oder Nutzer können sowohl Institutionen wie Einzelpersonen sein, aber auch ein Zusammenschluss von Menschen, z. B in Form einer „Entwicklungsgesellschaft“. Darüber hinaus sind diverse Mischformen denkbar. So kann z. B. ein Grundstücksfonds gleichzeitig Projektentwickler, Investor und teilweise Nachnutzer sein.

Idealtypisch gibt es lediglich einen Verfügungsberechtigten (VB) im Laufe des gesamten Projektes. Der VB ist dabei in der Regel eine juristische Person, die einen konkreten Ansprechpartner benennen sollte. Die praktische Erfahrung zeigt, dass die Verfügungsberechtigung im Laufe des Prozesses, nur schleichend und ggf. abschnittsweise auf den neuen VB übergeht. Idealerweise sollte der VB gleichzeitig die Rolle eines „Koordinators“ übernehmen.

Künftige Eigentümer/Nutzer haben gelegentlich kommerzielle Nutzungsinteressen, die eine „Übernutzung“ eines Denkmals darstellen und nur durch unverträgliche Eingriffe zu realisieren wären. Ähnlich kann es kommen, wenn Teilflächen des Industrieareals in eine öffentliche Nutzung übergehen sollen, etwa als Verkehrsfläche, Parkplätze, Grünanlagen usw. In all diesen Fällen kann es zu Konflikten für die Integrität des Denkmals kommen. Hier ist eine gut funktionierende, geregelte Kommunikation zwischen allen Interessengruppen unerlässlich. Gibt es mehrere Folgenutzer auf dem Industrieareal, wird sie umso wichtiger.

Behörden

Für den Erhaltungsprozess sind Behörden zwingend zu beteiligen, allen voran die Bauaufsichtsbehörde und andere Stadtplanungs-, Aufsichts- und Genehmigungsbehörden. Neben der kommunalen Bauaufsichtsbehörde, die im Baugenehmigungsverfahren federführend[2] ist, können eine Reihe weiterer Aufsichts- und Genehmigungsbehörden zu beteiligen sein, wie z. B. die Bergbehörde bei ehemaligen Bergwerksanlagen im Zuge des Abschlussbetriebsplan-Verfahrens, die unteren Behörden mit Zuständigkeiten für Wasser, Natur- und Umweltschutz, die Ämter für Immissionsschutz und Arbeitsschutz sowie während der Bauausführung auch Unfallkassen und Berufsgenossenschaften. Beim Thema Brandschutz muss die Feuerwehr mit in Genehmigungsverfahren eingebunden werden.

Besonderer Fall: Denkmalbehörde(n)

Eine besondere Bedeutung kommt bei großflächigen Industriedenkmalen den Denkmalbehörden [3] zu.

Sonderfall[4] sind Liegenschaften im mittelbaren oder unmittelbaren Landesbesitz, für die die Denkmalpflege direkt beim Regierungspräsidium (RP) zuständig ist, jedoch nur punktuell über eigene Denkmal-Fachleute verfügt, so z. B. beim RP Düsseldorf, zuständig u.a. für das Weltkulturerbe Zeche Zollverein.

Gegebenenfalls ist auch die Bodendenkmalpflege im Erhaltungsprozess zu beteiligen. Die „Archäologie der Moderne“[5] befasst sich inzwischen in zunehmendem Maß auch mit den untertägigen Resten von Industrieanlagen des 19. und 20. Jahrhunderts. Welterbestätten haben bei Eingriffen in die Substanz darüber hinaus die UNESCO sowie die von ihr beauftragten Institutionen (insbes. ICOMOS mit ihren Monitoren) einzubeziehen. Sie befassen sich auch mit dem Denkmal und seinem Umfeld, nehmen jedoch keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Idealerweise ist der herausragende universelle Wert (OUV) der Stätte eindeutig beschrieben und Abstimmungsverfahren sind in einem Management-Plan geregelt.

Planer und Gestalter

Als Planer und Gestalter werden vom VB zumeist Architektur- und Ingenieurbüros[6] beauftragt. Wenn Architekten und Bauingenieure über keinerlei oder allenfalls geringe Erfahrung im Umgang mit den maschinellen Bestandteilen der Industrieanlagen verfügen, sollten hierfür frühzeitig Experten für Maschinen- und Anlagenbau, Technikgeschichte und Restaurierung miteinbezogen werden. So kann vermieden werden, dass die originale Bausubstanz der Industriebauwerke zu sehr verändert wird.

Fachplaner und Gutachter

Je nach konkreter Aufgabenstellung kann es sinnvoll sein, Fachplaner und Gutachter am Erhaltungsprozess zu beteiligen. Themen, in denen diese Experten konsultiert werden können, sind z. B. Elektro, Heizung/Klima/Lüftung/Sanitäranlagen, Kanalisation, Brandschutz, Statik, Schadstoff-Untersuchungen oder Außenanlagen.

Im Sinne des Denkmalschutzes müssen Gutachter in ihrer Arbeit besonders sensibel für schonende Verfahren für denkmalwerte Substanz sein, etwa bei der Ermittlung von Schadstoffen am und im Bauwerk. Sämtliche Planungen und Empfehlungen sollten zunächst als Vorschläge verstanden werden, die vom VB und von der Denkmalpflege zu bewerten, gemeinsam zu diskutieren und zu entscheiden sind.

Beauftragte Firmen

Firmen, die im Rahmen des Erhaltungsprozesses beauftragt werden, sind weitere wichtige Beteiligte. Das können z. B. Gewerke im Bereich Dach, Maurer/Beton, Stahlbau, Korrosionsschutz, Altlasten-Dekontamination usw. sein, aber auch deren Lieferanten. Darüber hinaus zählen hierzu Firmen des Arbeitsschutzes (die sog. SiGeKO – Sicherheits- und Gesundheitskoordinatoren) sowie auch Restauratoren.

Kommunale Politik und Verwaltung

Über die Behörden hinaus ist die kommunale Politik und Verwaltung im Rahmen von Planungs-, Genehmigungs- und Zulassungsverfahren am Erhaltungsprozess beteiligt[7]. Oftmals hat die Kommune eigene Interessen an der zukünftigen Nutzung: unter Umständen ist sie Träger einer gesamten Anlage oder von Teilflächen. Darüber hinaus spielen gelegentlich auch die unterschiedlichen Programme der politischen Parteien eine Rolle in der Interessensentwicklung.

Fördermittelgeber und Sponsoren

Oftmals ist es notwendig, Erhaltungsprojekte mithilfe von Fördermitteln[8] oder über ein Sponsoring (mit) zu finanzieren. Die Bedingungen hierfür sind je nach Fördermittelgeber unterschiedlich und in der Regel im Bewilligungsbescheid, in den Förderrichtlinien oder in sonstigen Vereinbarungen beschrieben. Eine Bedingung, die in der Regel alle Geldgeber stellen, ist die namentliche Nennung, bzw. Platzierung der Logos auf Bauschildern sowie in der Kommunikation mit Medien. Gern gesehen ist auch die Erwähnung der Beteiligung in offiziellen Reden.

Medien

Das Bild eines Projektes in den Medien kann entscheidend für seine Entwicklung und seinen Erfolg sein. Eine klare und geregelte Kommunikation ist deshalb eminent wichtig.

Auch lokale „Werbeblättchen“ und Veranstaltungskalender sind zu beachten – häufig bilden sie die einzige Informationsquelle für den Teil der Öffentlichkeit, der keine Tageszeitung bezieht.

Lokale und regionale Akteure der Öffentlichkeit mit Bezug zum Betrieb

Lokale und regionale Akteure der Öffentlichkeit, wie etwa gesellschaftliche Gruppierungen (Gewerkschaften, Vereine) oder ehemalige Beschäftigte engagieren sich manchmal für den Erhalt „ihres Betriebes“ in Fördervereinen. Sie können wertvolles Know-how aber auch ihre Kontakte und Erfahrungen in die Projektarbeit einbringen.

Hier besteht neben dem in der Regel geteiltem Interesse am Erhalt der Anlagen häufig auch das Interesse an geeigneten Räumlichkeiten für Treffen, Werkstätten o. Ä. Manchmal werden auch Restaurierungsprojekte „in eigener Regie“ angestrebt, die bei intensiver Betreuung und klar definierten Zielvorgaben und Vorgehensweisen wirkungsvoll und nützlich sein können.

Grundstückseigentümer und -nutzer im Umfeld

Benachbarte Grundstückseigentümer und -nutzer sind in allen Phasen eines Projektes als wichtige Beteiligte anzusehen. Zumindest der „gefühlte Wert“ ihrer Immobilie / ihres Geschäftes entwickelt sich mit dem Fortgang – bzw. Nicht-Fortgang – des Projektes. Hinzu kommen Belästigungen und Beeinträchtigungen durch Baustellenverkehr und Bauarbeiten, später ggf. auch durch Besucher und Aktivitäten auf dem Gelände, insbesondere bei Großveranstaltungen.

Akteure in der Frühphase eines Projektes

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Frühphase eines Projektes, die zeitlich häufig noch vor dem formalen Übergang auf einen neuen Verfügungsberechtigten stattfindet, weil die noch-nicht-Eigentümer formal nicht beteiligt sind. In dieser Phase werden wichtige Entscheidungen getroffen, z.B. zu: Änderungen von Bebauungs- und Flächennutzungsplänen (Um- bzw. Entwidmungen), Ausführung von Abschlussbetriebsplanverfahren nach Bergrecht (Dekontamination). Es empfiehlt sich in dieser Phase in ständigem Kontakt mit den Akteuren, insbesondere der kommunalen Politik und Verwaltung zu bleiben. Örtliche Tagespresse und das Geschehen auf dem Areal sollen permanent beobachtet werden.

Cookie-Einstellungen
Auf dieser Website werden Cookie verwendet. Diese werden für den Betrieb der Website benötigt oder helfen uns dabei, die Website zu verbessern.
Alle Cookies zulassen
Auswahl speichern
Individuelle Einstellungen
Individuelle Einstellungen
Dies ist eine Übersicht aller Cookies, die auf der Website verwendet werden. Sie haben die Möglichkeit, individuelle Cookie-Einstellungen vorzunehmen. Geben Sie einzelnen Cookies oder ganzen Gruppen Ihre Einwilligung. Essentielle Cookies lassen sich nicht deaktivieren.
Speichern
Abbrechen
Essenziell (1)
Essenzielle Cookies werden für die grundlegende Funktionalität der Website benötigt.
Cookies anzeigen