Denkmalrecht: Grundbegriffe und Grundsätze
Denkmalschutz und Denkmalpflege
Zusammenfassung von Kornelius Götz, Volltext von Wolfgang Karl Göhner im Downloadbereich.
Sämtlicher Umgang mit Denkmälern ist in Deutschland Aufgabe des Staates. Bestimmte Behörden tragen Sorge dafür, dass Maßnahmen zum unmittelbaren Schutz und zur Bewahrung umgesetzt werden.
Die Denkmalpflege umfasst in Ergänzung hierzu alle Maßnahmen,
- die zum unmittelbaren Erhalt oder zur Instandsetzung von Denkmälern beitragen (etwa durch Eigentümer, aber auch durch Freiwillige, Bürgerinitiativen u. v. m.) und
- die Staaten im Rahmen ihrer Fürsorge für Denkmäler umsetzen (etwa im Rahmen von Beratung, Erforschung und Erfassung).
Rechtlich verankert sind die maßgeblichen Regelungen zum Denkmalschutz neben den unmittelbaren Landes-Denkmalschutzgesetzen im Bundesbauplanungsrecht, dem Baugesetzbuch (BauGB), d. h. dem sog. Städtebaulichen Denkmalschutz, zudem – im Wesentlichen bedeutsam für die Baudenkmalpflege – in den Landes-Bauordnungen als auch im ebenfalls dem bundesverfassungsrechtlich weitgehend der Landeskompetenz zugeordneten sog. Allgemeinen Gefahrenabwehrrecht.
Den aktuellen Stand der sechzehn Landes-Denkmalschutzgesetze in der Bundesrepublik Deutschland kann man in der jeweils aktuellen Fassung der Zusammenstellung auf der Homepage des Verfassers entnehmen.
Die materiellen Grundsätze der Denkmalpflege
Die materiellen Grundsätze der Denkmalpflege finden ihren Ausdruck weitgehend außerhalb der Landes-Denkmalschutzgesetze. Sie regeln überwiegend Verfassungsrecht. Im Völkerrecht sind dies hinsichtlich des baulichen und archäologischen kulturellen Erbes u. a.,
- die Charta von Venedig (die „Internationale Charta über die Konservierung und Restaurierung von Denkmälern und Ensembles“ von 1964),
- die Charta von Florenz („Charta der historischen Gärten“ von 1981),
- die Charta von Washington („Internationale Charta zur Denkmalpflege in Historischen Städten“ von 1987),
- die Charta von Granada („Abkommen des Europarates zum Schutz des baugeschichtlichen Erbes Europas“ von 1985, welches in der Bundesrepublik Deutschland weitgehend in innerstaatliches Recht umgesetzt ist),
- die Charta von La Valletta („Europäisches Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes [revidiert]“ von 1992, welches zwar innerstaatlich als Bundesgesetz i. S. v. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG Geltung beansprucht, allerdings effektiv formell noch nicht wirksam anwendbar ist. Die Länder haben noch keine entsprechenden landesrechtlichen Normen erlassen, was zur Folge hat, dass bis dahin die bestehenden landesdenkmalrechtlichen Normen völkerrechtskonform auszulegen sind) sowie das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt, die sog. Welterbekonvention. Eine der Leitideen der Welterbekonvention ist die „Erwägung, dass Teile des Kultur- oder Naturerbes von außergewöhnlicher Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen“ (Präambel der Welterbekonvention).
Der Denkmalbegriff
Einen einheitlichen und verbindlichen Denkmalbegriff gibt es nicht. Die geisteswissenschaftlichen und insbesondere die kunsthistorischen Ausführungen zum Denkmalbegriff sind vielfältig und somit kaum überschaubar. Allein für den deutschsprachigen Raum stehen hierfür Namen wie Dehio, Riegl, Dvorák, Breuer, Mörsch, Sauerländer, Petzet, Breuer, Lipp und viele andere. Die Bemühungen, den Denkmalbegriff in allen Bereichen einheitlich zu definieren haben kaum nachgelassen, gleichwohl längst eine gesetzliche Definition vorliegt. Die weit zurückreichenden Bemühungen um einen rechtlichen Denkmalschutz im internationalen und deutschen Rahmen haben zwar Grundlagen für einen Denkmalbegriff damit entwickelt, dass sie jeweils von einem selbst definierten Schutzgut ausgegangen sind.
Die Begriffe Denkmal und Kulturdenkmal sind synonyme, sogenannte „unbestimmte Rechtsbegriffe“. Sie bedürfen einer Auslegung, die in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist. Der Maßstab hierfür ist der Kenntnis- und Meinungsstand eines breiten Kreises von Sachverständigen. Die Denkmalschutzgesetze verwenden die Begriffe Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit nicht, den der Denkmalbedeutung lediglich hinsichtlich der jeweils landesrechtlich vorgesehenen Bedeutungsarten. Sie sind ausschließlich von der Rechtsprechung herausgearbeitet worden.
Die Denkmalfähigkeit kann je nach Landes-Denkmalschutzgesetz folgendes umfassen:
- die Sacheigenschaft,
- den menschlichen „Schöpfungsakt“ sowie
- das Moment des zeitlichen Abstandes zwischen dessen Entstehung und der Denkmalkenntnis (vgl. Art. 1 Abs. 1 DSchG Bayern: „aus vergangener Zeit“).
Liegt nach diesen Kriterien eine Denkmalfähigkeit vor, muss zudem wenigstens eine der landesgesetzlich vorgesehenen Bedeutungsarten erkannt worden sein.
Die Denkmalwürdigkeit wiederum umschreibt das regelmäßig verlangte Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung eines Gegenstandes. Dieses Kriterium gilt als Voraussetzung für die Klassifizierung eines Obejkts als Denkmal durch die Landes-Denkmalschutzgesetze. „Die Definition des allgemeinen, öffentlichen Interesses ist Ausdruck des sich stetig verändernden kulturellen Selbstverständnisses der Gesellschaft. So war auch die inventarisatorische Arbeit seit ihrem Einsetzen vor etwa 200 Jahren einem stetigen Wandel unterworfen“.
Zwei Systeme
Damit die gesetzlichen Schutzinstrumentarien auf ein Denkmal angewendet werden können, sind grundsätzlich zwei Wege denkbar:
1.Deklaratorisches System:
Der Schutz wird dem Denkmal schon dann zuteil, wenn es die gesetzlichen Voraussetzungen des Denkmalbegriffs erfüllt. Einer Eintragung in eine Denkmalliste bedarf es für die Anwendbarkeit des Denkmalschutzes nicht. Allein zur rechtssicheren Orientierung von Behörden und Eigentümern ist die Eintragung allerdings geboten.
2.Konstitutives System:
Denkmalschutz wird einem Denkmal nur zuteil, wenn wie im deklaratorischen System eine denkmalpflegerische Erkenntnis über das Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale vorliegt UND eine Eintragung in die Landesdenkmalliste oder wenn eine vorläufige Unterschutzstellung erfolgte, solange das Listeneintragungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Gemeinsam ist beiden Systemen, dass grundsätzlich ein Ermessensspielraum der Behörde, ein Denkmal einzutragen, nicht besteht, wenn die landesrechtlich definierten tatbestandlichen Voraussetzungen für Denkmaleigenschaft gegeben sind. Auch beim deklaratorischen System muss somit eine Eintragung erfolgen, um den Beteiligten Orientierung zu geben.
Erteilung einer Erlaubnis auf Abbruch eines Baudenkmals
Die Eigentümer, bzw. die Verfügungsberechtigten von Baudenkmälern sind verpflichtet, das Eigentum instand zu halten, instand zu setzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen. Schon das Grundgesetz regelt diesen Sachverhalt in Folge der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes).
In den Landes-Denkmalschutzgesetzen ist dies regelmäßig in einfaches Landesrecht übertragen: Wer Baudenkmäler beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort versetzen will, bedarf der baudenkmalschutzrechtlichen Erlaubnis. Die Erlaubnis kann versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
Grundsatz von Schutz und Pflege
Im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland haben Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts die Aufgabe, „die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen, herabgewürdigte Denkmäler der Kunst und der Geschichte möglichst ihrer früheren Bestimmung wieder zuzuführen“. Deshalb ist es Aufgabe und Staatszielbestimmung von Bund und Länder, sowohl die natürlichen Lebensgrundlagen als auch die kulturelle Überlieferung aktiv, angemessen und ausreichend zum substantiellen Erhalt zu schützen.
Verfassungsrechtliches Verhältnis von Denkmalschutz und Eigentumsgarantie
Ausgangspunkt aller Überlegungen ist dabei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und die neueste sonstige Rechtsprechung, denn sie steht im Mittelpunkt der Auslegung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie. So hat das Bundesverfassungsgericht zum Verhältnis von Denkmalschutz zur Eigentumsgarantie zur Pflicht zur Erhaltung einer im Rahmen einer Denkmalzone geschützten Schlosskapelle mit dazugehöriger Parkanlage entschieden, dass durch das Beseitigungsverbot die bestehende Nutzung eines Baudenkmals nicht eingeschränkt wird. Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und mit Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird.
Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung zum Nachweis der Unzumutbarkeit des Erhalts eines Baudenkmals geht es also nicht nur um die Berechnung nach Regelungen einer Berechnungsverordnung oder um Vorgaben der DIN 276, sondern auch um die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Recht des Gesetzgebers zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums.
Zumutbarkeit der Erhaltung von Denkmälern
Zur Prüfung der Zumutbarkeit des Erhalts von Baudenkmälern für den betroffenen Eigentümer des Grundstücks wird ein formalisiertes Prüfungsverfahren empfohlen[1].
Unzumutbarkeit der Erhaltung steht nur dann überhaupt im Raum, wenn eine sinnvolle Nutzung ohne bauliche Veränderungen nicht mehr möglich ist. Daher: Eine weiterhin mögliche Wohnnutzung – wenn auch mit geringerem Komfort als ein Neubau oder sanierter Altbau – reicht grundsätzlich aus, um von einem auch künftig nutzbaren Denkmal auszugehen.
Berechnung der Zumutbarkeit
Die Berechnung der Zumutbarkeit erfolgt objektbezogen und nachobjektiven Kriterien:
Von den voraussichtlichen Erträgen (z. B. Mieteinnahmen) bzw. dem Gebrauchswert des Baudenkmals PLUS bewilligten oder verbindlich in Aussicht gestellten öffentlichen Zuwendungen PLUS möglichen Steuervergünstigungen abzuziehen sind die sachverständig ermittelten Sanierungskosten inklusive den Bewirtschaftungskosten.
Hinzuzurechnen sind allerdings als fiktive Kosten die dem in der Vergangenheit vom Eigentümer und seinen Rechtsvorgängern unterlassenen Bauunterhalt entsprechenden Aufwendungen sowie die sog. bau- und sicherheitsrechtlich veranlassten Kosten.
Eine nach dem Bundesverfassungsgericht nur ausnahmsweise gegebene Unzumutbarkeit, d. h. eine verfassungswidrige Überschreitung der sozialgebundenen Eigentümerpflichten liegt danach dann vor, wenn die vorstehende Berechnung ein negatives Ergebnis erbringt[2].
Denkmalbehörden
In den Vollzug der Denkmalschutzgesetze sind insbesondere die Denkmalschutzbehörden und die Denkmalfachbehörden, teilweise (noch) die Bauaufsichtsbehörden eingebunden. Vielfältige Aufgaben kommen darüber hinaus insbesondere den Gemeinden und den Sicherheitsbehörden zu. Regelmäßig nennen die Gesetze den Schutz und die Pflege der Denkmäler ausdrücklich oder im Zusammenhang der Vorschriften als Aufgaben des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege.
In der Bundesrepublik Deutschland ist die Struktur der Denkmalbehörden dreigliedrig aufgebaut[3]:
- Die Untere Denkmalschutzbehörde
- Die Höhere bzw. Obere Denkmalschutzbehörde
- Die Oberste Denkmalschutzbehörde
Neben den Denkmalbehörden gibt es weitere Beteiligte, die je nach Land unterschiedliche Aufgaben und Befugnisse haben[4].
Endnoten
[1] Ausführlich im Volltext, dort unter Kapitel 6.3 Seite 19ff.
[2] Zur detaillierten Berechnung s. Volltext, Seite 2 Fußnote 122.
[3] Zur detaillierten Darstellung s. Volltext, Seite 21 ff.
[4] S. Volltext, Seite 30 ff.