Ausschreibungsverfahren
Einleitung
Ist das Leistungsverzeichnis erstellt, können die einzelnen Positionen ausgeschrieben werden. Dabei ist zu beachten, dass Industriedenkmale genauso wie Denkmale im Allgemeinen besondere Bedürfnisse haben. Aus diesem Grund muss die Wahl des Angebotsverfahrens besonders sorgfältig getroffen werden. Hier handelt es sich häufig um Aufgaben, die nicht standardisiert sind. Im Gegenteil,
➤ Präqualifikation
➤ Angebotsverfahren
Wenn der Auftragswert der auszuschreibenden Leistungen unterhalb eines bestimmten Schwellenwertes liegt, wird die Präqualifikation in das Leistungsverzeichnis integriert.
(Mehr dazu extern in Vergabe und Verfahrensarten)
Terminologie
Auftraggeber (AG): die ausschreibende Stelle;
Auftragnehmer (AN): die ausführende Firma;
Bieter: wenn sich eine Firma um eine ausgeschriebene Arbeit bewirbt, um ein Angebot abgeben zu dürfen
Präqualifikation
Die Suche nach einem geeigneten Auftragnehmer erfolgt durch ein Präqualifizierungsverfahrens für diejenigen, die als Bieter zugelassen werden sollen.
Das Präqualifizierungsverfahren ist formal. Die Auswahl der zu berücksichtigenden Bieter erfolgt nach den folgenden Kriterien:
- Die Organisation wurde präqualifiziert, ihre Schlüsselpersonen sind nachgewiesen qualifiziert. Dies kann durch die Vorlage eines Nachweises (s. https://www.pq-verein.de/) von öffentlichen oder anderen Stellen (z. B. Berufsverbänden usw.) beurteilt werden.
- Wenn keine Nachweise oder sonstigen Qualifikationen bei Einzelpersonen vorliegen, ist der Lebenslauf zur Beurteilung heranzuziehen.
- Einschlägige Erfahrungen durch Referenzen aus vergleichbaren Projekten können nachgewiesen werden, ggf. aus dem aktuellen Zeitraum (z. B. aus den vergangenen drei Jahren).
- Die Organisation verfügt über ausreichende technische, personelle, finanzielle und administrative Ressourcen.
- Die geforderten Sicherheitsbestimmungen werden eingehalten (z. B. Sachkundennachweis bei Arbeiten mit Asbest gem. TRSG 519 etc.).
- Die Organisation verpflichtet sich zur Einhaltung von Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen.
- Die Organisation kann eine ausreichende Versicherung nachweisen (Berufshaftpflicht).
Nur wenn ein Bieter seine Präqualifikation erfolgreich nachgewiesen hat, wird er zur zweiten Verfahrensstufe – dem Angebotsverfahren – zugelassen. Die Grundlage des Angebotsverfahrens ist eine Leistungsbeschreibung #.
Angebotsverfahren
Im deutschen Vergaberecht gibt es unterschiedliche Vergabearten, die im Angebotsverfahren genutzt werden. Zwei davon werden in diesem Beitrag näher beleuchtet: die freihändige Vergabe und das Wettbewerbsverfahren. Bei beiden Vergabearten ist die Präqualifikation vorab zu prüfen, wenngleich die direkte Vergabe selten eine förmliche Präqualifikation erfordert.
1. Direkte Vergabe („freihändige“ Vergabe)
Die Vergabe erfolgt direkt an eine Firma oder Person, ohne vorab ein wettbewerbsfähiges Angebot einzuholen.
Diese Methode wird in der Regel verwendet, um Gutachten, Berichte oder kleine Erhaltungsmaßnahmen zu beauftragen. Es kann auch für die Verpflichtung von Fachleuten verwendet werden, wenn die Aufgabe so speziell ist, dass kein sinnvoller Wettbewerb zu erwarten ist. Bei der direkten Vergabe ist die Einhaltung der Schwellenwerte (s. unten bei eVergabe) besonders kritisch zu prüfen.
2. Angebotsbeiziehung im Wettbewerb (Wettbewerbsverfahren)
Es gibt zwei Ansätze für eine Ausschreibung mit Wettbewerb:
- Der Auftraggeber legt nur den Rahmen und das Endergebnis (Ziel) für die durchzuführenden Arbeiten fest, die erforderlichen Methoden werden vom Bieter ausgearbeitet.
- Der Auftraggeber stellt eine verbindliche Leistungsbeschreibung auf, der Bieter muss auf diese Leistungsbeschreibung anbieten; Alternativen können im Rahmen eines sogenannten Nebenangebotes zugelassen werden, das Hauptangebot muss dennoch vom Bieter ausgefüllt werden.
Zielbeschreibung und konkurrierende Methoden
Dieses Verfahren wird häufig verwendet, um Muster (die sog. „Musterbaustelle„) zu beauftragen, einen Berater oder Fachplaner zu finden oder Erhaltungsmaßnahmen in geringem Umfang zu vergeben. Es eignet sich besonders für Situationen, in denen alternative Methoden vorhanden sind oder die Methode nicht genau im Voraus spezifiziert werden kann. Das Verfahren hat den Vorteil, dass es für den Auftraggeber weniger aufwändig ist als eine formale Ausschreibung. Jedoch ist auch hier die Einhaltung von Schwellenwerten genau zu beachten.
Bei diesem Verfahren muss der Auftraggeber über ausreichende Sachkenntnisse verfügen, um die verschiedenen angebotenen Methoden zu bewerten. Wenn diese Expertise nicht verfügbar ist, sollte sich der Auftraggeber fachkundige Hilfe holen. Die folgende Vorgehensweise ist dabei zu beachten:
- Der Auftraggeber entscheidet über den Umfang der geforderten Arbeit und beschreibt die Leistung lediglich durch das zu erreichende Ergebnis, aber nicht die dazu erforderliche Methodik.
- Die Bieter können (oder müssen in bestimmten Fällen) das Objekt vorab untersuchen und dann ein finanzielles Angebot abgeben. Das Angebot enthält zusätzlich eine Methodenbeschreibung die zeigt, wie das vom Auftraggeber vorgegebene Ziel erreicht werden soll. Die Methodenbeschreibung darf nicht ohne Zustimmung des Bieters für andere Zwecke verwendet werden.
Zielbeschreibung und vorgegebene Methoden
Dieses Verfahren wird üblicherweise angewendet, wenn ein umfassendes Leistungsverzeichnis zur Verfügung gestellt werden kann und eine wettbewerbsfähige Auswahl der Bieter erforderlich ist.
Das Aufstellen eines Leistungsverzeichnisses#INT durch den Auftraggeber und die Bearbeitung der Ausschreibung durch den Bieter sind zeitaufwändig und teuer. Daher wird diese Methode in der Regel nur für Aufträge oberhalb der finanziellen Schwellenwerte angewendet, wenngleich sie auch für geringere Auftragsvolumen verwendet werden kann.
Es ist sinnvoll, die Aufträge durch eine öffentliche Ausschreibung bekannt zu machen. Somit werden qualifizierte Bieter informiert, was die Chance erhöht, dass sich ein großer Bieterkreis für eine Beteiligung gewinnen lässt.
Das Auswahlverfahren
Ist das Leistungsverzeichnis beschrieben und das Angebotsverfahren bestimmt, können sich Firmen auf die Ausschreibung bewerben. Das geregelte Auswahlverfahren bietet eine Grundlage, mit der die Entscheidung für einen Bieter systematisch getroffen werden kann.
Das Auswahlverfahren besteht im Allgemeinen aus:
1. Bekanntmachung durch Ausschreibung
Um potenzielle Bieter zu informieren, wird eine Bekanntmachung veröffentlicht. Sie enthält eine kurze Projektbeschreibung, Nennung des Auftraggebers, den Standort der Anlage oder des Objekts, die ungefähre finanzielle Größenordnung des Projekts (falls dies möglich ist), die voraussichtlichen Start- und Fertigstellungstermine sowie das Datum der Angebotsabgabe. Der Bieter reagiert auf die Bekanntmachung innerhalb der vorgegebenen Zeit durch eine Interessensbekundung.
2. Präqualifikation
Der Auftraggeber sendet ein Präqualifizierungsformular an diejenigen, die auf die Bekanntmachung der Ausschreibung antworten.
3. Ausschreibungstext
Nach Auswertung der Präqualifikation werden den qualifizierten Bewerbern das Leistungsverzeichnis sowie alle weiteren Angebotsunterlagen (Einzelheiten zum Vertrag, weitere Bedingungen etc.) zugestellt. Für die Angebotsabgabe wird ein verbindlicher Termin (Datum/Uhrzeit) mitgeteilt.
4. Angebot
Die Bieter erhalten unverbindlich die Möglichkeit zur persönlichen Inaugenscheinnahme des Objekts / Projekts. Sie reichen dann ihre Angebote ein, indem sie jede einzelne Position des Leistungsverzeichnisses ausfüllen, am Ende die Summe bilden und das Angebot rechtsverbindlich unterzeichnen; verspätet eingegangene Angebote werden vom weiteren Verfahren ausgeschlossen.
5. Nebenangebot
Eine Alternative zum Hauptangebot (also dem Leistungsverzeichnis des AG) wird in der Regel akzeptiert, wenn der Bieter brauchbare alternative Methoden oder Materialien vorschlägt. Das Hauptangebot muss dennoch vollständig bearbeitet werden, damit ein Vergleich aller Angebote – auch solcher ohne Nebenangebot – möglich ist.
6.Bietergemeinschaft
Wenn zwei oder mehr Bieter gemeinsam ein Angebot abgeben, ist dies zulässig und sogar sinnvoll, weil dadurch ein breiteres Spektrum an Erfahrung eingebracht werden kann. Darüber hinaus ermöglicht dies kleineren Unternehmen Chancen auf größere Aufträge: Dies ist im Falle von Konservierung und Restaurierung besonders wichtig, da hier in der Regel kleine Unternehmen etabliert sind. Die Bietergemeinschaft ist bei Angebotsabgabe verbindlich zu erklären. In der Bietergemeinschaft haften alle Teilnehmer für die gesamte Auftragserfüllung.
7. Nachunternehmer
Ein Bieter kann auch Nachunternehmer in sein Angebot aufnehmen, um bestimmte Spezialaufgaben ausführen zu können, die er aus eigener Kraft nicht oder nur unzureichend ausführen kann. Der Umfang und die genauen Einzelheiten (welcher Nachunternehmer, welcher Umfang, welche Teilleistung etc.) ist verbindlich mit der Angebotsabgabe zu erklären. Der Bieter haftet im Gegensatz zur Bietergemeinschaft allein für die Auftragserfüllung.
8. Angebotsöffnung
Der Auftraggeber öffnet die Angebote nicht vor dem vereinbarten Zeitpunkt. Für die Angebotseröffnung (die sogenannte Submission) sind unterschiedlich strenge Vorschriften im Gebrauch, eine schriftliche Protokollierung ist jedenfalls erforderlich. Die fristgerecht eingereichten Angebote werden förmlich auf Vollständigkeit geprüft, danach folgt die Prüfung sowohl der Gesamt- als auch der Einzelkosten auf Rechenfehler. Alle Angebote werden in einem sogenannten #INTPreisspiegel verglichen und bewertet: In der Regel gilt als Bestbieter derjenige, der den günstigsten Preis bietet. Nebenangebote werden nach Qualitäts- und Kostenkriterien bewertet.
9. Vergabegespräch
Nach der Auswahl des Bestbieters kann ein Vergabegespräch geführt werden. Dies ist besonders nützlich, wenn zwei Bieter sehr eng beieinanderliegende Angebote abgegeben haben. Sowohl dem Auftraggeber als auch dem Bieter dient das Gespräch dazu, ein gemeinsames Verständnis aller Facetten des Projekts zu erlangen (zum Beispiel in der praktischen Durchführung, in finanziellen oder vertraglichen Fragen etc.).
eVergabe
Seit dem 18. Oktober 2018 müssen zentrale Beschaffungsstellen bei oberschwelligen Vergaben sämtliche Schritte des Vergabeverfahrens – Angebotsabgabe sowie Mitteilungen zu Zusagen und Absagen – auf elektronischem Weg umsetzen. Dafür gelten die folgenden Schwellenwerte, die auch vorgeben, ab wann ein Auftrag EU-weit veröffentlicht werden muss:
- Schwellenwert für Bauaufträge: 5.350.000,00 Euro
- Schwellenwert für Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 214.000,00 Euro
Die eVergabe erfolgt über sogenannte Vergabeplattformen. Die Teilnahme an einer eVergabe ist kostenlos, benötigt wird lediglich eine Registrierung.